Die öffentliche Verwaltung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Auf der einen Seite steigt die Zahl komplexer Aufgaben, auf der anderen Seite sinkt die Zahl der Mitarbeitenden. Eine systematische Führungskräfteentwicklung ist zwar sicher nicht die alleinige Lösung, aber ein wichtiger Baustein, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung deutlich zu erhöhen – und eine Chance, sie zu einer langfristig attraktiven Arbeitgeberin zu entwickeln.
Viele Verwaltungen sowohl auf kommunaler Ebene als auch in den Ländern stehen aktuell vor massiven Herausforderungen. Längst ist klar: Wird nicht zügig und massiv gegengesteuert, droht vielerorts der Kollaps.
Die Angehörigen der Babyboomer-Generation gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Das Ausscheiden der Fachkräfte dieser besonders geburtenstarken Jahrgänge verstärkt den ohnehin vorhandenen Arbeitskräftemangel in den Verwaltungen.
Der Arbeitsalltag in der Verwaltung wird zunehmend anspruchsvoller: Immer mehr komplexe Aufgaben sollen von immer weniger Mitarbeitenden erledigt werden. Der Druck auf den Einzelnen steigt.
Die öffentliche Verwaltung gilt vielen als unattraktive Arbeitgeberin: verstaubt, hierarchisch, unflexibel, altbacken – das sind nur einige der Vorurteile, die das Finden von Mitarbeitenden erschweren. Längst ist sie nicht mehr in der Lage, ihre Führungspositionen allein aus den eigenen Reihen zu besetzten, weil sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung und eine Karriere in der Verwaltung entscheiden. Also muss sie auf dem Arbeitsmarkt mit Wirtschaftsunternehmen um Führungskräfte konkurrieren.
Viele Behörden haben sowohl bei der inneren als auch bei der äußeren Digitalisierung erhebliche Defizite. Der Druck von Politik und Bevölkerung auf die Verwaltungen deswegen ist groß. Gleichzeitig trägt die mangelnde Digitalität zur Unzufriedenheit der Mitarbeitenden bei und schmälert die Attraktivität der Verwaltung als Arbeitgeberin.
Auch wenn weitgehend Einigkeit darüber herrscht, dass Verwaltung sich verändern muss, um den Anforderungen einer sich rapide wandelnden Gesellschaft zu begegnen, tun sich viele Behördenleitungen schwer mit dem Change-Management. Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Bewältigung dieser und weiterer Herausforderungen sind die Führungskräfte aller Hierarchieebenen. Sie müssen sich dringend von einer tradierten streng hierarchischen Führungskultur verabschieden und zu einer zeitgemäßen Auffassung von Führung kommen. Eine systematische Führungskräfteentwicklung sollte deshalb unbedingt in allen Behörden stattfinden.
Das Modernisieren von Führungskultur allein kann sicherlich nicht die mannigfaltigen Probleme lösen, mit denen sich die öffentliche Verwaltung in Deutschland heute konfrontiert sieht. Gleichwohl hat sie vielfältig positive Auswirkungen, die weit über das eigentliche Thema Führungskultur hinausreichen. Es ist also durchaus ein wichtiger Ansatzpunkt für die Modernisierung der Verwaltung, die Köpfe der Verwaltung über eine systematische und konsequente Führungskräfteentwicklung neu aufzustellen. Diese „neuen Führungskräfte“ wirken dann ganz automatisch nach innen und auch nach außen als Botschafter einer sich modernisierenden Verwaltung, sie können Vorbild sein für Nachwuchskräfte und maßgeblich dazu beitragen, Verwaltung als zukunftsfähige Arbeitgeberin zu präsentieren. Damit werden die Führungskräfteentwicklung und die sich damit wandelnde Führungskultur zum Teil der Lösung für zumindest einige der Herausforderungen, vor denen Verwaltung aktuell steht.
Ergänzend zu den strukturellen Herausforderungen, mit denen die öffentliche Verwaltung konfrontiert ist, gewinnt das Thema Change-Management immer mehr an Bedeutung. Change-Management ist kein einmaliger Akt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der Führungskräfte und Mitarbeitende gleichermaßen betrifft. Besonders im Kontext der Führungskräfteentwicklung kommt Change-Management eine zentrale Rolle zu.
Effektives Change-Management ermöglicht es, Wandel nicht nur zu bewältigen, sondern aktiv zu gestalten. Verwaltungen, die Change-Management systematisch integrieren, schaffen die Grundlage für nachhaltige Modernisierungsprozesse. Führungskräfte, die sich mit Change-Management auseinandersetzen, können notwendige Veränderungen strategisch begleiten, Widerstände abbauen und Akzeptanz schaffen.
Change-Management unterstützt auch die digitale Transformation in Behörden – ein Feld, das laut dem Text nach wie vor schleppend vorangeht. Hier braucht es Führungskräfte mit klarer Change-Management-Kompetenz, die digitale Prozesse nicht nur technisch, sondern auch kulturell vorantreiben.
Ein stark verankertes Change-Management hilft außerdem bei der Personalgewinnung. Denn junge Talente erwarten eine Organisation, die sich kontinuierlich weiterentwickelt. Change-Management signalisiert Innovationsfähigkeit – und das kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte sein.
In der Praxis zeigt sich: Dort, wo Change-Management aktiv gelebt wird, entstehen resilientere Teams, strategischer agierende Führungskräfte und ein insgesamt höheres Maß an organisationaler Flexibilität. Deshalb ist es entscheidend, Change-Management nicht als Nebenaufgabe, sondern als integralen Bestandteil der Führungskräfteentwicklung zu betrachten.
Durch gezielte Trainings, Coaching-Programme und Projektarbeit rund um Change-Management lassen sich Führungskräfte optimal auf aktuelle Herausforderungen vorbereiten. Die Einführung eines behördenweiten Verständnisses von Change-Management – etwa durch gemeinsame Leitbilder oder standardisierte Tools – sorgt zudem für Konsistenz und Wirksamkeit über Abteilungen hinweg.
So kann Change-Management nicht nur helfen, operative Herausforderungen zu bewältigen, sondern auch die Kultur, die Zusammenarbeit und die Führung nachhaltig verbessern. Jede Verwaltung, die heute in Change-Management investiert, stärkt damit ihre Zukunftsfähigkeit.
Fazit: Change-Management ist mehr als ein Schlagwort – es ist ein strategisches Führungsinstrument, das in der öffentlichen Verwaltung zur Pflicht werden sollte. Führungskräfte, die das Potenzial von Change-Management erkennen und konsequent nutzen, leisten einen aktiven Beitrag zur Erneuerung der Verwaltung.