Feedback Mitarbeiter

Zwischen Klarheit und Kopfweh: Wie ich lernte, Feedback anders zu geben

30.06.2025
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Dies ist der erste Beitrag unserer Reihe „Zwischen Klarheit und Kopfweh“ – echte Geschichten aus dem Führungsalltag. Wir begleiten Anna, Bereichsleiterin in einem mittelständischen Unternehmen, durch Situationen, die alltäglich und außergewöhnlich zugleich sind. Ihre Erfahrungen eröffnen Resonanzräume für eigene Fragen. Dieser Text beginnt nicht mit fertigem Wissen, sondern mit Unsicherheit – und entfaltet daraus Haltung, Resonanzfähigkeit und Entwicklung. Es ist kein klassisches Ratgeberformat, sondern ermöglicht durch Innensichten auf Annas Alltag Erfahrungslernen – erzählend, konkret, wirksam.

Szene 1: Der Moment davor

Fünf Minuten noch bis zum Gespräch mit Thomas. Ich sitze an meinem Schreibtisch und schaue auf die Uhr. Seit Tagen begleitet mich diese Spannung. Heute will ich sie in Worte fassen. Muss ich.

Thomas – engagiert, erfahren, beliebt im Team – hat in letzter Zeit mehrfach Absprachen übergangen. Aufgaben blieben liegen, Rückmeldungen kamen nicht. Nichts Dramatisches, aber es summiert sich. Was macht das mit dem Team? Was macht es mit mir?

Ich greife zum Laptop und tippe ins Suchfeld:
„Feedback geben als Führungskraft – ohne Eskalation“

Ich klicke durch die Treffer. Ein Titel bleibt hängen:
„Feedback geben und annehmen: Wie kritische Rückmeldungen Entwicklung ermöglichen“

Während ich lese, merke ich, wie präsent dieses Thema gerade für mich ist. Feedback Mitarbeiter – eigentlich klingt das so einfach. Aber in diesem Moment spüre ich, dass es alles andere als leicht ist. Wie sage ich etwas, das nicht verletzt? Aber auch nicht weichgespült klingt?

Es geht ja nicht nur darum, Kritik zu äußern. Es geht darum, Feedback Mitarbeiter so zu geben, dass daraus wirklich etwas entstehen kann – für ihn, für das Team und auch für mich.

Szene 2: Was ich lese

Ich scrolle. Und scrolle. Immer dieselben Sätze. Wertschätzend kommunizieren, klare Sprache – klingt gut. Aber wie genau? In dieser Situation, mit Thomas, gleich jetzt?

Ich merke, wie mich diese Allgemeinplätze eher zurücklassen als weiterbringen. Dann bleibe ich hängen:
„Ich-Botschaften, beschreiben statt bewerten, Raum lassen“ – eigentlich klingt das wieder abstrakt, aber irgendwas darin fühlt sich anders an. Vielleicht, weil es nicht vorgibt, wie ich sein soll – sondern mich daran erinnert, wie ich sprechen will, wenn ich ehrlich bin.

In meinem Kopf formt sich ein Satz:
„Thomas, ich nehme wahr, dass Aufgaben öfter später kommen als abgesprochen, und ich frage mich, woran das liegt.“

Es klingt gar nicht nach Vorwurf. Es klingt nach mir. Und nach einer echten Frage.

Ich lese weiter:
„Nicht alles muss sofort aufgelöst sein – entscheidend ist, ob ein Gespräch in Bewegung bringt.“

Ich lese den Satz nochmal. Erst wirkt er fast zu schlicht – aber irgendwas in mir atmet auf. Vielleicht reicht es, einen Faden aufzunehmen, ohne gleich das ganze Knäuel zu entwirren. Es fühlt sich an wie eine Erlaubnis, nicht alles sofort lösen oder wissen zu müssen.

Mir wird klar: Feedback Mitarbeiter bedeutet nicht, ein perfektes Gespräch zu führen. Es bedeutet, ehrlich zu sein und gemeinsam auf etwas zu schauen. Es bedeutet, Unsicherheit auszuhalten und trotzdem zu sprechen. Vielleicht ist genau das die wahre Kunst.

Ich frage mich: Was will ich eigentlich mit dem Gespräch? Ich brauche noch gar keine fertigen Lösungen. Ich will mit dem Gespräch Klarheit. Verbindung. Ich will kein Gespräch, das abrechnet. Ich will eins, das hinschaut – gemeinsam.

Vielleicht ist das ein guter Anfang.

Szene 3: Das Gespräch

„Thomas, ich würde gern etwas ansprechen, das mir öfter durch den Kopf geht. Mir ist aufgefallen, dass du Aufgaben manchmal anders priorisierst als abgesprochen – wie letzte Woche beim Projektstand fürs Kundenteam. Ich frage mich, woran das liegt.“

Thomas blickt auf. „Hm, ich dachte, das wäre nachrangig. Da lag ich wohl daneben.“

Ich zögere kurz. „Ich schätze deine Eigenständigkeit. Aber in zentralen Projektphasen möchte ich, dass wir uns verbindlicher abstimmen.“

Thomas verzieht das Gesicht. „Ich dachte, das läuft nebenher. Gab es Beschwerden?“

„Nicht direkt Beschwerden, aber Irritation.“

„Du meinst, das kommt nicht gut an?“

Ich nicke. „Es macht Folgeabsprachen schwieriger.“

Thomas schaut zur Seite. „Ich weiß oft nicht, was gerade wirklich wichtig ist.“

Da ist es wieder – der Punkt, an dem Feedback Mitarbeiter mehr ist als nur Kritik. Es geht um Orientierung. Um das Sichtbarmachen von Erwartungen, Prioritäten, Unsicherheiten.

„Vielleicht hilft ein regelmäßiger Abgleich vor größeren Aufgaben.“

„So eine Art Übergabe-Rhythmus?“

„Genau.“

„Gute Idee. Nächste Woche könnten wir das aktuelle Projekt durchgehen.“

Ein letzter Blick, ruhig, nicht gehetzt. Noch mittendrin.

„Dann greifen wir das nächste Woche auf, okay?“ sagt Thomas. Ich nicke. Fast gleichzeitig stehen wir auf.

Beim Verlassen bleibt kein klarer Abschluss, aber ein Nachklang. Das Gefühl, einen ersten Schritt gemacht zu haben.

Szene 4: Mein Rückblick

Drei Tage später denke ich erneut darüber nach. Überraschenderweise stresst mich das offene Ende nicht.

Schon am nächsten Tag brachte Thomas einen Vorschlag für neue Abstimmungen – kein großer Wurf, aber ein Anfang. Und ich merke: Feedback Mitarbeiter wirkt nicht unbedingt durch große Veränderungen, sondern oft durch kleine, konkrete Schritte.

Warum hat sich das Gespräch so entlastend angefühlt? Vielleicht, weil ich gespürt habe: Ich muss nicht alles allein lösen. Thomas hat zugehört, blieb offen statt defensiv. Und ich? Ich war nicht im Modus, etwas durchzusetzen. Ich fragte ehrlich und offen.

Vielleicht war genau das der Moment der Veränderung. Keine Rollenfrage, kein „Wer führt, wer folgt“. Stattdessen ein echtes Gespräch zwischen zwei Menschen, die etwas besser verstehen wollen.

Langfristige Veränderungen bei Thomas? Noch unsicher. Doch bei mir bewegt sich etwas. Diese neue Offenheit fühlt sich ungewohnt an. Bisher wollte ich schnell Klarheit schaffen – Unsicherheit zuzulassen, fordert mich heraus.

Hmmm. Vielleicht ist es auch Teil des Prozesses, mir zuzugestehen, dass Unsicherheit dazugehört.

Und vielleicht ist es auch bei Thomas so. Vielleicht ist sein Zögern Ausdruck eigener Unsicherheit. Vielleicht ringt auch er mit eigenen Routinen, mit Erwartungen, die schwer loszulassen sind.

Wenn ich das wirklich sehe, verändert sich mein Blick: Ich sehe nicht nur einen Mitarbeiter, der etwas anders macht, sondern einen Menschen in Entwicklung. Und mich selbst mittendrin – als jemand, der Beziehung nicht kontrollieren, sondern gestalten will. Vielleicht bedeutet genau das: Führung als geteiltes Lernen.

Ein Gedanke bleibt

Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir: Feedback Mitarbeiter ist kein Werkzeug, das man einmal benutzt und dann funktioniert es. Es ist eher ein Gesprächsfaden, den man immer wieder neu aufnimmt.

Es bedeutet, neugierig zu bleiben, ohne zu überfordern. Es bedeutet, ehrlich zu sein, ohne zu verletzen. Es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – für das, was ich sehe, und für das, was ich noch nicht weiß.

Und vielleicht liegt genau darin die eigentliche Veränderung. Nicht in der perfekten Methode. Sondern darin, Feedback nicht als Pflichtübung zu begreifen, sondern als gemeinsame Entwicklung – Schritt für Schritt.

Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Mit Thomas. Mit mir. Mit dem, was ich über Feedback Mitarbeiter noch lernen werde.

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